Äquatortaufe Fortsetzung 2
 

Eine ausführliche und mit viel Mühe erstellte Dokumentation zur Äquatorüberquerung bei der zweiten Weltreise gibt es dazu von einem Kameraden des Großvaters: Durch eine Internetauktion ersteigerte ich ein dünnes Heft mit dem Titel „Kreuzer 'Karlsruhe': Linientaufe 1932 – auf der Fahrt von Balboa (Panama) nach Callao (Peru) am 20. Juli 1932“, das einer der aktiven Teilnehmer an der Äquatortaufe, der „Aktuar Neptuns“, sonst auch Obermaschinenmaat Ervens verfasst und im Selbstverlag für die Täuflinge veröffentlicht hatte. Hatte ich zuvor nichts weiter als die Fotos in den Alben, wenn auch mit Bildunterschriften, bot sich mir hier nun die Möglichkeit zum Vergleich des Textes mit den Bildern. Neptuns Gesandter Triton, dessen Trabanten mein Großvater und sein Kamerad Biel sein dürfen, droht jenen, die zum ersten Mal den Äquator überschreiten wollen:

„... Dass jeder, der hierher sich wagt,

Am Äquator erleidet die herrliche Tauf`'.

Auf dass, wie heilig geschrieben es steht,

Kein einziger dreckig gen Süden eingeht.

Doch wer sich schlau will beiseite drücken

Und wem von euch schon jetzt im Stillen

Ganz fürchterlich die Hosen killen,

Den wird man mit Heulen und Pfeifen

Erst recht vor Neptuns Trabanten schleifen.

Dann werdet ihr im Wasser schwappeln

Und fürchterlich im Windsack zappeln.

Und wer geduldig kommt zu der Taufe Becken,

Der wird nicht gleich am Spieß verrecken. ...“


Weiterhin in Reimform werden mit viel Aufwand die Täuflinge individuell verspottet, wobei auf vergangene Zeitpunkte der Reise Bezug genommen wird: So wird Kapitänleutnant Krüder wegen seiner vermeintlich bekannten Unhöflichkeit und seines Unwillens zu grüßen gerügt, Obermaschinist Lohner wird verhöhnt, weil ihn immer noch die Liebe zu einer Hawaiianerin zu „zerreißen“ scheint. Selbst der Schiffspfarrer wird Opfer des Neptunschen Humors, wenn man sich auch nur über seine augenscheinliche Schlankheit trotz ausreichenden Essens amüsiert.

In jedem Fall muss die Äquatortaufe ein großes Ereignis gewesen sein, denn bei einem ganzen Jahr auf See gab es nicht täglich Unterhaltung, und ausgelassen gefeiert wurde wohl nicht allzu oft. Ein letztes Bild zur Äquatortaufe zeigt die zahlreichen zu vergebenden Tauforden, die teilweise maritim, teilweise militärisch, teilweise auch wie lächerliche Spaßorden aussehen. So zum Beispiel erfährt man aus dem Heft zur Linientaufe, dass der „Praktikerorden am Sprachband“ dem sächsischen Oberleutnant Heerhartz, der „Stern am Schlankheitschaltungsband“ dem vermutlich übergewichtigen Oberleutnant Schroeter verliehen wird. Wer diese denkwürdige Prozedur der Taufe überstanden hatte, wurde mit solch einer bleibenden Erinnerung belohnt und ausgezeichnet.